Das Traumauto
The English original can be found here.
Seit mittlerweile fast fünf Jahren gehöre ich zu den glücklichen Menschen, die einen A7, bzw. seit kurzem dessen sportlicheres Derivat, den S7, fahren dürfen.
Jetzt, wo der Nachfolger sich immer offensichtlicher zeigt, möchte die Geschichte meines Traumautos noch einmal reflektieren, in der es zunächst unerreichbar fern erscheint, um am Ende doch in meiner Garage zu landen.
Der Audi A7 erregte 2009 zuerst meine Aufmerksamkeit, als er auf der LA Auto Show as Konzeptauto vorgestellt wurde. Seiner zukünftigen Form bereits sehr nahe, erschien seine schnittige Karosserie gepaart mit der praktischen Klappe am Heck als eine interessante Alternative zu Limousinen mit zu wenig Kofferraum und den eher…zweckmäßig aussehenden Kombis.
Als damaliger Fahrer eines brandneuen Ford Focus legte ich das Ganze jedoch unter "nett anzuschauen" ab.
Im Juli 2010 wurde das Produktionsmodell des A7 in der Pinakothek der Moderne in München vorgestellt - ein Kunstmuseum, und eine doch etwas andere Location, um ein Auto der Presse zu zeigen. Audi sah dieses Auto eindeutig als etwas mutiges und neues, wie sich auch in der "weißes Blatt Papier" Werbekampagne zeigte.
Ich muss dieses Video seitdem bestimmt tausend Mal gesehen haben…
Und dennoch, so ein Auto tatsächlich mein Eigen nennen? Man erinnere sich, ich fuhr immer noch einen Ford Focus.
Die finanzielle Situation hatte sich seit 2009 zwar deutlich verbessert, trotzdem wagte ich erstmal nur von einem A5 Sportback zu träumen, dem kleineren Bruder des A7.
Aber kann ja nicht schaden, sich das Ding mal anzuschauen, oder? Sobald er also im Audi Forum Flughafen München (heute "myAudi Sphere" genannt) erschein, tauchten Anja und ich ebenfalls dort auf, echtes Interesse vortäuschend - was natürlich nicht komplett falsch war, für eine bestimmte Definition von "Interesse", die u.a. "auf keinen Fall kaufen"beinhaltet.
Nach einer Einführung in das Äußere und Innere des Fahrzeugs sowie einer netten Unterhaltung mit einem der Kundenberater (danke, Herr Schröcker), wurde ich gefragt, ob ich Interesse an einer Probefahrt hätte. Die unmittelbare Gefahr witternd, in eine sehr teure Falle zu tappen und den A7 noch mehr zu mögen, lehnte ich höflich ab.
Aber es gibt so Angebote, die man einfach nicht (lange) ausschlagen kann…
Kurz danach saß ich also in diesem Auto, im Schnee, und mir wurde klar, wie genial das alles ist. Auch wenn die Außenfarbe…mutig war.
Das ganze Erlebnis wollte ich dann ein paar Monate später im Frühjahr wiederholen. Natürlich immer noch nicht zum Kaufen. Immer noch zu teuer. Nur ein wenig Spaß übers Wochenende. Oh wie naiv war ich doch.
Ich werde oft gefragt, ob so ein Auto sein Geld wert ist. Ob es vier Räder und irgendeinen Motor, die Dich von A nach B bringen, nicht für viel weniger gibt, oft mit mehr kubisch geformten Kubikmetern, um die Waschmaschine unterzubringen.
Für mich ist der A7 das derzeit beste Auto™, das man kaufen kann, und jeden Cent wert. Die beinahe® einzigartige Mischung aus einer Form ähnlich einem Aston Martin (ja das hat er wirklich geschrieben!), mit komfortablem Platz für vier, manchmal fünf, und Kofferraum für sehr viele Koffer (auch wenn die Waschmaschine nicht reinpasst), machen das Ganze ziemlich perfekt.
Dazu die Interieurqualität der haptikbesessenen Ingolstädter, ein paar tolle Motoren und (optional, aufpreispflichtig natürlich) so viele Gadgets, dass mein Gadget-besessenes Herz vor Freude hüpft und es ist ein sofortiger…Denkprozess über Finanzen und wie, früher oder später, ein A7 da einfach hineinpassen muss.
Etwas über ein Jahr später, und der benötigte Betrag um ein solches Auto ernsthaft in Erwägung zu ziehen hatte sich auf den Konten angesammelt.
Was also tun? Probefahrt. Ein Vergleich, um meiner Fast-Ehefrau zu zeigen, dass ich selbstverständlich absolut willens bin, ihre bevorzugte Option in Erwägung zu ziehen, einen Kombi. Also fuhren wir, am selben Tag, zunächst einen A7, und dann einen BMW 5er Touring.
Der A7 hatte den brandneuen Bi-Turbodiesel V6 mit 313PS und 650NM. Der 5er hatte…irgendeinen Vierzylinder Diesel. Das war nicht der einzige Grund für die Unterschiedlichkeit meiner Reaktion die so markant war, dass Anja noch vor mir wusste, eine Entscheidung war gefallen.
Wenige Tage und einige hundert Konfigurationen später fand ich mich im Audi Zentrum Landshut ein. Ich traf auf einen sehr fähigen Verkäufer (Hi Alex!), der mir bestimmt alle Fragen zum A7 hätte beantworten können…wenn ich denn welche gehabt hätte. Stattdessen, einen Audi Konfiguratorcode später, waren so ziemlich alle Optionen angekreuzt und die Bestellung raus.
Der Rest ist eine Geschichte voller Ungeduld und irgendwelchem Unsinn über "Vorfreude ist die schönste Freude" von Freunden und Familie. Bis, gerade mal eine Woche nach dem bis dahin wichtigsten Ereignis meines Erwachsenenlebens, Jetzt-Ehefrau-Anja und ich nach Neckarsulm fuhren um das zweitwichtigste zu begehen. Die Individualabholung des Audi.
Das ganze Erlebnis war wirklich fantastisch, mit einer interessanten Tour der Lackiererei, gutem Essen und überall ganz vielen freundlichen Menschen.
Das Highlight war aber sicherlich, meinen Traum erfüllt zu sehen, meinen eigenen A7, gebaut nach meinen Vorstellungen (mit einigen Details dank Audi exclusive, insbesondere die Außenfarbe Estorilblau).
Die Fahrt nach Hause war einerseits fantastisch, andererseits von zittrigen Händen am Lenkrad geprägt (keine Kratzer ins neue Auto machen!).
Die folgenden Jahre verliefen wie in der Werbung beschrieben. Unser A7 hatte so gut wie keine Probleme und lief immer geschmeidig in jedem Geschwindigkeitsbereich, ob nun schleichend auf dem Weg zum Einkaufen, oder mit fast konstanten 266 km/h um rechtzeitig am Urlaubsziel anzukommen. Das nennt Audi übrigens "abgeregelt bei 250km/h".
Aber das Beste? Sich tatsächlich darauf freuen, morgens um fünf zur Frühschicht aufzustehen. Dann konnte ich nämlich wieder in die Garage gehen, die schlanken Linien einen weiteren Moment lang begutachten, mich in diese wahnsinnig komfortablen Sitze fallen lassen (vielleicht noch die Massagefunktion einschalten…) und in die Arbeit gleiten. Oder, wenn es nichts zum Arbeiten gab, über kurvige Landstraßen heizen, irgendwie muss die Ausgabe für das Quattro Sportdifferential ja gerechtfertig werden.
Und all das mit Musikuntermalung aus dem unerhört teur…genialen B&O Soundsystem.
Will man Liebe für ein Auto in Zahlen ausdrücken, ist die Zahl der aufgenommen Fotos sicherlich eine gute Messlatte.
Für etwas, was sich über die Jahre kaum ändert, erscheint die Zahl 300 nicht schlecht.
Jetzt hat es allerdings doch eine nicht gerade geringfügige Änderung gegeben.
Bei der Bestellung des A7 beschäftigte ich mich auch kurz mit der Option, stattdessen einen S7 zu ordern, entschied mich jedoch aufgrund der Verbrauchsvorteile für den Diesel.
Trotzdem erschien der V8 immer sehr verlockend, mit in Zukunft sicherlich eher weniger werdenden Möglichkeiten, einmal einen zu fahren.
Und gerade in letzter Zeit gab es da noch so eine kleine Sorge mit dem Namen "Dieselgate" und dessen Folgen.
Und so, mit einem Angebot, den A7 in Zahlung zu geben für einen S7 Vorführwagen im Leasing, und das ganze auch noch als echtes Schnäppchen, entschied ich "Diesel ist out, V8 ist in".
Von da ging alles ganz schnell, mit kaum Gelegenheit, mich von meinem Traumauto zu verabschieden. Alles was bleibt sind tolle Erinnerungen, Fotos und die Hoffnung, dass der neue Besitzer sich gut darum kümmert.
Glücklicherweise gibt es aber auch viel, mit dem ich mich trösten kann. Der V8 ist zwar schwerer als der Diesel, fühlt sich aber trotzdem agiler an - und ist natürlich viel schneller. Der Motorsound ist ebenfalls fantastisch, und der Rest? Grundsätzlich wie vorher, mit neuerem Infotainment. Ziemlich perfekt also.
Oh, und die Matrix-LEDs muss man in Aktion gesehen haben um zu glauben, wie gut sie funktionieren.
Die obigen Fotos wurden im Mai bei einer Probefahrt aufgenommen. Nur zum Spaß. Keine Absicht, dieses Auto jemals in unsere Garage zu stellen. Oh die Ironie…
Dieses Leasing läuft in zwei Jahren aus. Ich habe den neuen A7 bereits mit Tarnung gesehen, und die sollte er bald verlieren.
Ich weiß natürlich nicht wirklich, welches Auto es für uns im August 2019 sein wird. Aber ich hab da so ein Gefühl.
Fortsetzung folgt…